Kleinere Dinge, wie z.B. Armbänder, lassen sich aus dem heimischen Zunderschwamm problemlos machen. Wer eine Handtasche oder ein Käppi draus nähen will, der sollte besser rumänische Pilztrama bestellen, auf Etsy z.B. verkaufen mindestens zwei der im Örtchen Korund in Rumänien noch als Schwammklopfer tätigen Kunsthandwerkerfamilien ihre tollen Hüte, Taschen und auch bereits gestreckte Tramastücke. Von beiden habe ich auch schon Zunderläppchen und sogar ganze Pilze bestellt und auch verarbeitet, ist natürlich viel einfacher. Macht aber weniger Freude, das ganze beglückende Drum-Rum fehlt halt. Auch Nina Faber, eine begabte deutsche Designerin, die aus Zundertrama schöne Sachen herstellt und eine Pionierin der Pilzlederverabeitung in Deutschland ist (zvnder.com) verwendet meines Wissens rumänische Pilztrama.
Dss Material, wie ich es verarbeite, ist anders, es ist nicht dick und flauschig, wie das rumänische, sondern sehr fein und wildlederartig. Mir persönlich ist es so lieber, ich habe auch bei der rumänischen Pilztrama solange gestreckt und gedehnt, bis die obere Lage abging. Ich brauche die feine Haptik und das Samt-und Seide-Gefühl. Ist aber natürlich Geschmackssache, und auch die alte Weisheit vom Fuchs und den Trauben mag da mit reinspielen. Wenn ich in den oberbayerischen Wäldern fette Zunders mit riesiger Tramaschicht ernten könnte, wäre das natürlich fein und auch ich der größte Fan zentimeterdicker Pilzlederlappen.
Zur Ermutigung hier gleich mal ein ausnahmsweise recht großes Zunderläppchen von heimischer Buche, schon ein richtiger Riesen-Lappen. Ich sage es ehrlich: So etwas ist von einheimischen, also bayrischen, Zunders die große Ausnahme.
Allerdings darf man sich nicht der Illusion hingeben, Zunderleder aus dem natürlichen Pilz, egal, wo auf der Welt es gewachsen ist, sei ein wirklicher Lederersatz. Das ist es nicht, egal was im Internet an Hoffnungen auf ein echtes veganes Leder geweckt wird. Die Fasern sind viel zu kurz, viel zu locker miteinander verwoben und sie schrumpeln - unbehandelt - in nasser Form zusammen, wie ein Fensterleder, das man zusammengeknüllt hat trocknen lassen. Bisher hab ich trotz stundenlanger Recherche in allen Quellen keine wirklich verwertbare Anleitung gefunden, Trama durch eine Art von Gerbung ähnlich wie bei Tierhaut wasserunempfindlich und reißfester zu machen. Die einzige konkretere Angabe macht eine Forschungsgruppe aus Wien, die von einer Gerbung in heißerer Alkalilauge schreibt. Leider bekam ich keine Antwort auf eine Mail, in der ich um mehr Infos zu diesem Verfahren bat.
Inzwischen habe ich natürlich selbst experimentiert. Man kann tatsächlich mit Natron- oder Pottaschelauge ganz gute Ergebnisse erzielen. Die Fasern werden beim kurzen Kochen (3-5 Minuten) in den genannten Laugen (1 Esslöffel Natron, bzw. Pottasche auf 1 Liter Wasser) verdichtet und wohl auch chemisch verändert. Chitin hält viel Hitze, also auch das Kochen, gut aus. Die Tramaläppchen schrumpfen dadurch etwas, verlieren aber die ungute Eigenschaft, bei Kontakt mit Wasser aufzuquellen wie ein Schwamm. Und sie behalten auch ihre Form, können sogar noch weiter gedehnt werden. Der größte Vorteil liegt in der deutlichen Erhöhung der Abriebfestigkeit. Allerdings ist der samtige Charakter dann nicht mehr so da, das Ergebnis ist tatsächlich etwas lederähnlicher.
Ich behandle meine Tramastücke nun überwiegend mit Natronlauge, es ist ganz einfach, man muss die Teile nur nach dem Kochen sehr gut ausspülen und immer wieder vorsichtig ausdrücken. Ich mache 5 Spüldurchläufe im Waschbecken, bei dritten gebe ich etwas Essigessenz zum Neutralisieren der Laugereste bei. Man muss dabei Gummihandschuhe tragen zumindest bei den ersten 4 Spülungen. Pottasche ist wesentlich stärker und auch gefährlicher auf der Haut, deshalb empfehle ich Natron. Ich vermute, dass man dickere Tramastücke mit Pottasche wirklich gut gerben könnte, allersings lösen sich schwach vernetzte Teile beim Kochen leicht auf. Was bleibt, ist das wirklich belastbare Material.
Für Zunderschmuck ist gelaugtes Material besser, auch stabile aber weiche Zunderschnüre lassen sich so gut herstellen. Beispiele folgen.
Ohne diese Nachbehandlung ist die Abriebfestigkeit nicht die beste, wenn viel an einem Tramastück gescheuert wird, löst sich der Faserverbund und es gibt dünne Stellen. Am ehesten ist die Bastbarkeit dann mit feinem Samt vergleichbar, aber auch die Haptik ist wie Samt oder feines Wildleder. Etwas anderes ist es wohl bei direkt aus Pilz-Myzel gewonnenem Ersatzleder. Das kann man aber nicht selber im Wald suchen, es muss mehr oder minder industriell oder zumindest in einem Labor hergestellt werden. Da gibt bereits in einigen Ländern vielversprechende Ansätze und Pilotprojekte, ich werde in der Link-Seite noch auf die entsprechenden Webquellen hinweisen.
Aber: Große entscheidende Frage: Warum soll Trama auch ein echter Lederersatz sein? Es gibt zig Arten von stabilem, belastbaren und gut aussehenden Kunstleder, wenn man keine Tiere töten und ihnen die Haut abziehen will. Aber es gibt nur einen echten Zunderschwamm, der herrlich nach Pilz und Wald riecht, in frischem Zustand fruchtig nach Aprikosen, der sowohl antibakteriell, als auch antiviral und antimykotisch ist, der aus dem Wald stammt, der in mühsamer Such- und Verarbeitungweise mit Herzblut erkämpft werden will, der einfach einzigartig ist. Der samtweich und warmbraun der Haupt schmeichelt, viel mehr als Leder, und der nebenbei auch noch das Immunsystem stärkt, bei Allergien und allen möglichen Krankheiten eine postive Wirkung hat, der das Gesicht als Reinigungstuch so zart macht wie einen Babypopo, der Wunden schneller heilen lässt, der als Likör gut schmeckt und als Tee ebenso. Er bildet abgeschnitten selbst nach einem Jahr trockener Lagerung neues Myzel aus, wenn man ihn wässert, und neuerdings werden aus ihm sogar Dämmstoffe und Baumaterialien oder Lampenschirme gemacht.
Dass insgesamt nach Alternativen zu Tierleder gesucht und geforscht wird, ist natürlich eine gute Sache. Irgendwann ist die Forschung sicher soweit, aus gezüchteten Myzelmatten eine echte bezahlbare vegane Lederalternative herzustellen, die wasserfest, hochflexibel und abriebsicher ist. Solange das aber auch hier nur durch chemische Weiterverarbeitung und Beschichtung oder Verbundstoffe möglich ist, bin ich nicht restlos überzeugt und bleibe lieber bei meinen homemade-Trama-Experimenten, auch wenn diese für Schuhe oder Kleidung nicht geeignet sind.
Wenn man hiesigen Zunder verarbeiten will, muss man aber die Rahmenbedingungen kennen.
Die im Internet verfügbaren Videos zur Feuerzundergewinnung helfen da wenig, und auch die Videos der wenigen rumänischen Kunsthandwerker, die dieses alte Kunst noch pflegen, führen bei ihrer Übertragung auf die Verarbeitung unserer Zunderschwämme zu großer Frustration, weil diese Methode nicht übertragbar ist auf die Art von Pilzen, die hier wächst.
Aus dem einheimischen Zunderpilz Zunderleder zu gewinnen, ist eine äußerst unwirtschaftliche Angelegenheit und ein alternatives Nischenprojekt, aber dafür ist die äußere Trama der hiesigen Zunders eine ganz feine und helle, ganz anders, als die der rumänischen Fomes Fomentarius. Hüte, Taschen oder größere Tischläufer sind aber bei uns realistisch betrachtet meist nicht drin. Leider. Allerdings bestätigt auch hier die Ausnahme die Regel, den gelegentlich findet man auch in Deutschland Pilze, die große Tramalappen ergeben. Offenbar wächst an manchen sehr dicken alten Bäumen auch die Unterart, die sonst vor allem in Rumänien geerntet wird. Diese Pilze unterscheiden sich in mehreren Punkten von der sonst bei uns heimischen Art und sind sehr selten, ich habe sie bisher erst 2 mal gefunden. ob es eine echte Unterart ist oder nur eine spezielle Ausprägung, kann ich nicht sagen, offiziell existiert nur eine Art, ich erkenne den Unterschied aber sofort.
Seltenes Exemplar eines Pilzes mit ausgeprägter punktierter dunkler Tramaschicht, geerntet von einem wirklich riesigen liegenden Birkenstamm. Hier kann man beide Tramalagen verwenden, am Besten aber voneinander getrennt. Das Bild zeigt natürlich nicht den ganzen Fruchtkörper, sondern einen Teilstück.
Ich stelle nun meine eigene Methode der Tramagewinnung und -verarbeitung aus den einheimischen Zunderpilzen vor und zeige eine Schritt-für Schritt-Anleitung mit Bildern bis hin zum fertigen Zunderarmband.
Eine Anmerkung noch zur Doku:
Ich verwende in der Bildanleitung unten im ersten Durchgang bewusst sehr kleine und nicht gerade ergiebige Pilze, so wie sie der Neueinsteiger bei der ersten Waldwanderung im Laubwald
finden könnte. Ich will damit zeigen, dass man auch mit wenig Material etwas Schönes machen kann. Außerdem lernt man schlechtem Ausgangsmaterial, wie man mit den auftretenden
Schwierigkeiten umgehen kann. Für andere Exemplare bitte auf die Unterseiten klicken. Im Navigationsmenü verbergen sich diese hinter dem Kreuzchen neben der Hauptseite.
Die Doku ist so ausführlich gehalten, dass jeder, der sie durchackert, danach alles erforderliche Wissen hat, um selbst heimisches Zunderleder zu gewinnen und zu verarbeiten.
Ich habe mir im Try- und Error-Verfahren mein Wissen in diesem Bereich mühsam autodidaktisch erschnippelt - meine leicht ramponierten Finger nicken gerade zustimmend - und möchte das an Interessierte weitergeben. Ich liebe Pionierarbeit, es ist aufregend, Menschen zu etwas zu begeistern, von dem sie bisher gar nicht wussten, dass es überhaupt möglich ist.
Zurück zum Trama-Drama:
Da die Tramaschicht meist eher mikrik ist, kann man es im Grunde nur verarbeiten, wenn man es auf eine geringe Dicke streckt. Dies funktioniert wie gesagt nur mit der äußeren hellen Tramalage. Dafür erhält man ein ganz feines Ausgangsmaterial, das garantiert madenfrei ist.
Für manche Teile ist es sinnvoll, sie von hinten mit aufbügelbarem Flies zu verstärken, was problemlos geht. Für Armbänder verwende ich generell 2 Lagen Trama, die ich dann mit Latex verklebe. Latex ist der ideale Klebstoff für die Tramaverarbeitung, er klebt und stabilisiert in einem und ist hochstabil und natürlichen Ursprungs.
Man kann dünne Läppchen auch auf Stoff aufkleben oder mit doppelseitigem Bügelflies aufbügeln, für Täschen oder Kissenhüllen z.B., wenn die Innenschicht nicht aus Trama sein muss.
Im Grunde fängt die Verarbeitung schon bei der Auswahl der Pilze beim Sammeln an. Hierzu muss man den Pilz verstehen lernen, wissen, wie das Wachstum abläuft und wie die Zuwachsschichten mit der Tramaschicht beim heimischen Zunderschwamm miteinander zusammenhängen.
Die wichtigsten Punkte sind Folgende:
1. Die Tramaschichten der einzelnen Wachstumszonen sind durch eine dunkle Schicht voneinander abgegrenzt, die sich schlecht dehnen lässt. Genauer gesagt ist es keine echte Trennschicht, sondern die schräg durch die Tramalagen verlaufende Anwachszone. Die Fasern in diesen "Andockbereich" sind dunkler als normal und nur ganz leicht miteinander verwoben. Dadurch gibt es beim Dehnen dann eine Art Sollbruchstelle und die Trama reisst da auseinander, wo die beiden Wachstumsringe aneinandergrenzen. Manchmal kann man vorsichtig drüber hinweg dehnen und strecken, oft aber nicht.
2. Außerdem muss man wissen, dass die Tramalagen unterschiedliche Faserdichte haben.
Ganz locker vernetzt sind die Fasern meist unter der oberen Kappe des Pilzhutes, das ist der Bereich, der den früheren Knubbel gebildet hat. Das ist das Filetstück sozusagen, es ist aber nicht sehr fest verwoben und weniger abriebstabil, dafür aber unglaublich samtig und weich.
Gut verwertbar sind auch dicke Zuwachszonen, die keine tiefen Rillen haben. Hier liegt unter der Kruste ein festere Tramaschicht, die super für Armbänder verwertbar ist und recht strapazierfähig ist.
Die ganz frischen Zuwachswülste an der Außenkante ergeben, wenn sie noch regelrecht von Pilzsaft durchtränkt sind, dunkles extrem feinfaseriges und endlos dünn ausdehnbares Pilzleder, wie flexibles Papier. Sie müssen nach dem Trocknen sehr vorsichtig weichgewalkt werden, sonst brechen sie, sind aber sehr schön, um Kontraste zu erzeugen. Wenn sie wieder weich sind, sind sie enorm reißfest, ganz erstaunlich.
3. Ältere Pilze habe im Verhältnis weniger Trama als jüngere. Der Mammutteil Trama wird schon im Knubbel angelegt.
Und noch eine gute Nachricht:
Es gibt eine Menge Käfer und sonstige Fresserchen, die den nicht ganz taufrischen Zunderschwamm gerne heimsuchen. Wenn man Pech hat, erwischt man beim Aufschneiden eine Made, etwas ekelig. Bei älteren Pilzen sind die Maden schon zu Käfern geworden und haben den Pilz verlassen, ihre Hinterlassenschaften sind aber noch in den Fraßgängen, vom Pilz zu einer korkartigen Masse neutralisiert, kein Angst, vermutlich sind sie schon sterlilisiert vom großen Transformer Wunderzunder. Und diese Fraßgänge liegen selten im hellen Zunder, sondern im faserigen aber sehr lockeren braunen. Man kann sie einfach herausschneiden und die helle Schicht problemlos verwenden.
Auswahl geeigneter Zunderschwämme (wenn man sie hat, die Auswahl, manchmal findet man einfach auch nix....)
Es klingt paradox, aber wer leicht an helle dehnbare Trama kommen will, sollte sich jedenfalls als Einsteiger in die Materie an die kleinen feinen Zunderchen halten.
Da unsere heimischen Pilze leider zu über 90 % aus Röhren bestehen, sobald sie sozusagen erwachsen geworden sind, und noch dazu die Kruste immer dicker und härter wird, bieten die jungen Exemplare bei leichter Verarbeitung den meisten Ertrag an Zunderläppchen.
Was ich liebevoll als Knubbels bezeichne, entspricht etwa den ganz jungen Champignons vom Markt, deren Hut noch nicht geöffnet ist. Allerdings sollten sie schon mindestend 5 cm Durchmesser haben und schon gut halbkugelig sein, kleinere sind noch zu feucht und ergeben dunkles hartes Pilzleder. Man findet sie am besten im Herbst, aber auch im späten Frühjahr sprießen schon welche.
Bei solchen Youngsters schneidet man einfach mit einen scharfen Küchenmesser die noch weiche hellgraue Kruste scheibchenweise ab, entfernt Myzelialkern und Röhren und schon hat man, was man will. Ich schnipple an solchen weichen Minis schon bei Laufen im Wald mit einem Taschenmesser herum, freue mich über das noch feuchte hochelastische Tramastück und schnuppere am Aprikosenduft. Falls mich schon eine Mücke drangsaliert hat, verhindert der frische Pilzsaft größere Histaminausschüttung.
Der Sechser im Zunderlotto ist der noch frische Riesen-Knubbel, gefolgt von breiten noch hellgrauen Pilzen mit glatter Kappe und einer einzelnen dicken fetten braunen Zuwachszone.
Die schwarzgrauen Senioren sind gut für die Optik und für viel Zunderschnaps für die ganze Großfamilie, das Aufschneiden ist mühsam und der Tramaertrag bei vielen engstehenen Wachstumsringen oft enttäuschend. Gibt aber Ausnahmen
Unser Pilz investiert eben in den Nachwuchs, und dafür braucht er Röhren, Röhren, Röhren....
Ein Wort noch zum verantwortungsvollen Sammeln:
Man sollte natürlich nicht alle Knubbels oder Senioren vom Stamm säbeln, es geht beim Sammeln wie bei allen Entnahmen aus der Natur um das faire Ausmaß. Der Zunder steht jedenfalls in Bayern
(noch) nicht unter Naturschutz, außer natürlich in Naturschutzgebieten. Er wächst in alten Buchen- und Birkenwäldern, in denen sterbende Bäume in Würde verrotten und
sich wieder in den Kreislauf der Natur eingliedern dürfen, in denen das Totholz also nicht wie Abfall "entsorgt" wird, da gibt massenweise Zunders. Wer eine Handvoll oder ein kleines Körbchen mit
Zunderschwämmen von einer Wanderung mit nach Hause nimmt und an jedem Stamm genug stehen lässt, so dass noch viele Bäume Sporen abbekommen, wird der Natur nicht schaden und hält sich an die
gesetzlichen Vorgaben zum Pilzesammeln in der Natur. Es geht ja nicht um die Großproduktion von Pilzleder, für die wäre unsere Zunderart auch nicht geeignet.
Jetzt aber endlich zur Doku:
Ich sehe oft Anleitungen im Internet, in denen die Pilze mit schwerem Gerät bearbeitet werde bis hin zu Kreissäge. Für Feuerzunder ok, für unsere Zwecke Schwachsinn. Auch die härteste 10-jährige Kruste lässt sich mit einem scharfen Messer absäbeln. Dieses Brot- (oder Fleisch?)Messer mit Wellenschliff reicht völlig, man muss es nur zwischendurch immer wieder schärfen, siehe Schärfstahl im Foto. Für Feinarbeiten ist ein wirklich scharfe gekrümte Nagelschere super, mit ihr werden das dunkle Trama oder kleine Rindenreste entfernt.
Diese drei von sehr klein bis mittelklein geformten Zunders aus meiner Herbst-Sammlung vom Vorjahr dienen als Anschauungsobjekte für die Schritt-für Schritt-Anleitung. Ich habe - wie schon oben gesagt - bewusst kleine Exemplare ausgesucht, um zu zeigen, dass man auch aus wenig Pilzmaterial etwas Schönes machen kann, hier ein schmales Armband.
Als erstes zerlegen wir den linken und kleinsten aus der Gruppe, ein Knubbelchen mit erstem Röhrenansatz. Die drei Pilze waren steinhart über den ganzen Winter auf dem Balkon getrocknet. Nach 10 Minuten einweichen rochen sie schon wieder wie frisch aus dem Wald. Man kann also jeden Pilz, den man nicht gleich verarbeiten kann, einfach trocknen lassen und später wieder einweichen. Vom Einfrieren rate ich ab, nach dem Auftauen ist der Pilz nicht mehr wie zuvor und verdirbt schnell.
Zu Beginn begradigt man die Anwachsstelle und schneidet soviel weg, dass die Trama am Rand freiliegt. Wenn die Trama kreisrund um den Pilz läuft wie bei Knubbels und den wie Glocken hängend am liegenden Stamm wachsenden Exemplaren schneidet man da ein, wo die Trama am dünnsten ist, in der Regel ist das der Teil, wo die Röhren entstehen. Als rundes Läppchen kann man die Trama nicht wirklich herauschnippeln, es würde beim Dehnen reißen, weil es ja kugelig angelegt ist. Vorher wird aber noch die Rinde so abgeschnitten, dass man möglichst wenig von der Trama erwischt. Bei älteren Pilzen muss man etwas dicker schneiden, weil da die Trama direkt unter der Kruste sehr hart und schwer dehnbar ist.
Dann wird der Pilz soweit aufgebogen - geht natürlich nur bei noch elastischen kleinen -, bis man den Myzelialkern herauslösen kann.
Bei älteren Zunders schneidet man ihn eben von oben heraus. Bei noch ganz weichen frischen Jungpilzen kann man den Myzelialkern manchmal einfach herausknicken, in dem man den Fruchtkörper sozusagen umkrempelt. Bei getrockneten und eingeweichten Pilzen verwende ich übrigens nichts vom weggeschnittenen Material für Heilzwecke, da nehme ich nur frische Pilze.
Bei solchen hebe ich erst mal alles auf, was ich wegschneide, und entscheide später, was in den Kochtopf oder das Glas mit Hochprozentigem kommt. Genaueres bei Zundermedizin selbstgemacht.
Dann wird der Zunder von unten bearbeitet. Es müssen alle Röhren komplett abgeschnitten werden und auch die oft in unterschiedlicher Tiefe in die dunkle Trama eingebetteten meist weißen Röhrenansätze. Bei so kleinen Pilzchen geht das ganz einfach, bei großen alten ist das eine Heidenarbeit. Es gibt Leute, die verwenden dafür Bohrmaschinen mit Fostnerbohrern, andere säbeln mit Kreis- oder Bandsäge am armen Fomes herum. Braucht´s echt nicht.
Das ist Erwin der Große, die grau-grüne Eminenz, ich habe ihn schon vor einem Jahr zu diversen Armbändern und Zundersirup und Likör verwurstet. Auch hier reichte das Brotmesser, das ich immer noch verwende! Hier gehts zur Erwin-Doku.
Zurück zu unserem Winzling:
Hier sieht man an der von Kruste und Röhren befreiten "Rohtrama" die Röhrenansätze, die leider nie auf der gleichen Ebene im Pilz liegen. Grad bei Knubbels oder ganz jungen noch nicht entfalteten Pilzen liegt im Inneren schon die spätere Form angelegt, aber sozusagen noch zusammengefaltet. Bei ganz jungen Pilzen sind die Röhrenansätze noch weich, man kann sie dann auch dranlassen, es ergibt eine interessante Musterung beim fertigen Pilzleder. Entscheidend ist nur, ob die Trama sich mit dem, was noch dranpappt, auch richtig dehnen lässt.
Das ist das Randstück bei Zunderbaby 1. Man sieht unten noch die Birkenrinde, die muss natürlich herausgeschnitten werden. Es sind aber auch Verwachsungen da, die gibt es bei praktisch jedem Pilz irgendwo, weil vielleicht ein Ast dem freien Wachstum im Weg stand. Schnippeln oder Wegschneiden ist dann die Frage.....lernt man mit der Zeit. Am Anfang rate ich zum Schnippeln, also geduldigem Wegschneiden all dessen, was hart und nicht dehnbar ist, um das Wesen und die Struktur der Zunders kennenzulernen. Später wird man großzügiger im Wegschneiden, man weiß dann, was sich lohnt und was nicht. Ich hab das verwachsene Ende weggeschnitten.
...Falls Sie jetzt schon nervöses Fingerzucken haben und denken, so ein mikriges Resultat für für so viel Geschnippel, das hier ist ein EXTREMBEISPIEL zum Lernen.
Jetzt kommt das Abtrennen der dunklen Lage. Sie ist zwar schön flauschig, würde sich aber beim Dehnen und Strecken sowieso ablösen, und die dunklen Streifen darin sind starr, sie müssen definitiv weg. Man kann das mit einem feine scharfen Messer machen oder wie hier mit der Schere.
Hier sieht man die dunklen Fasern noch genauer. Ich vermute, dass daraus die Röhren gebildet werden.
Mit der Griffseite des Messers klopfe ich die braune Tramaschicht etwas weich, dann sehe ich, was sich dehnt und was weg muss...
Abschneiden der Querfasern. Ist ein ziemliches Gefiesel, aber nur so kommt man an das wirklich dehnbare Material. Hier sieht man auch, warum eine gekrümte Scherenschneide so wichtig ist. Mit ihr kann man auf das Material drücken und hineinschneiden, und zwar nur ganz punktuell da, wo war Hartes herausgeschnitten werden soll. Man kann das auch mit einem scharfen ganz flach geführten Messer machen, aber am Anfang ist die Schere das bessere Werkzeug, man kann leichter kontrollieren, dass man nicht zuviel wegschneidet.
Das fast fertige "Lederstückchen" von der Röhrenseite fotografiert. Es ist wirklich optisch wie Rohleder, das geschabt und von Fett- ind Fleischresten befreit werden muss. Als Regel gilt: Alles, was dunkel und nicht elastisch ist muss man entfernen. Der Rand in Richtung nächster Zuwachszone ist immer dunkel.
Letztes Feintuning auf der Krustenseite. Man sieht schön die faserige und samtartige Struktur, typisch für Trama aus der "Knubbelzone".
Nochmal wässern und ausdrücken, danach wird vorsichtig und am Rand beginnend gestreckt. Am besten ist es, mit Daumen, Zeige- und Mittelfingern beider Hände immer diagonal zu ziehen, erst links oben nach rechts unten und dann umgekehrt. Am Schluss dehnt man vorsichtig mit der ganzen Hand, indem man das Stück zwischen Handballen und Ringfinger beider Hände festhält und mit den anderen Fingern in alle Richtungen auseinanderzieht. Diesen Schritt bitte erst nach Trocknen und nochmal Wässern und Ausdrücken machen, erst dann sind die gedehnten Fasern wieder stabilisiert. Im Foto sieht man das vollgesogene Läppchen.
Es gibt immer wieder Stellen, die beim Dehnen dünner werden als andere, weil man da zu dünn aufgeschnitten hat oder die Fasern wachstumsbedingt schwächer vernetzt waren. Solche "Blasen" schneide ich vom Rand her ein, sie würden sowieso reißen. Notfalls teilt man ein Stück entlang solcher dünneren Stellen ganz durch, das kommt fast ständig vor. Man freut sich über einen Riesenlappen, am Ende werden es zwei oder mehr... Besser aber zwei stabile kleine Lederflecken, als ein schlechter großer. Anstückeln kann man immer, aber wenn sich am fertigen Werk in kürzester Zeit die dünne Faserschicht abscheuert, weil sie eben zu dünn war, hat man wenig Freude daran.
Nochmals wässern und fest ausdrücken. das stabilisiert die neuen Faserverläufe. Man muss sich das Trama so vorstellen, wie einen Bausch Wolle vor dem Spinnen. Die Fasern werden in neuer Formation geordnet und so bleiben sie auch, außer man zerrt daran herum.
Es ist unglaublich, wieviel Wasser so ein kleines Läppchen aufnehmen und halten kann. Ich hab das nasse Tramastückcken gewogen, es waren 70 gr. Nach dem Ausdrücken, siehe Bild, sind die Fasern zusammengeschrumpelt und wiegen so gut wie nix. Da versteht man, warum Trama früher als Chirurgenschwamm teuer gehandelt wurde, zum Blutstillen.
Nach dem Ausdrücken nochmals vorsichtig dehnen und fertig ist unser Ministückchen Zunderleder. Es muss nur noch trocknen und wieder weichgewalkt werden, wie das geht, zeige ich noch. Mit jedem Durchgang Wässern, Ausdrücken, Dehnen kann man das Läppchen übrigens dünner machen.
Vor dem letzten Wässern, noch optimierbar. Ich lege das Teil erstmal zur Seite, es ist gut, die Fasern erst mal ruhen zu lassen. Nach dem Trocknen sieht man übrigens erst richtig, was noch verbessert werden kann.
...dass man aus ganz winzig kleinen Knubbels auch richtig große Lederstücke gewinnen kann, zeigt dieses Foto. Es stammt von Minimax dem Unterschätzten (anklicken!), dem winzigen uralten Räucherzunderchen, den ich auf dem Balkon wiederentdeckte.
Jetzt kommt das zweite Pilzchen an die Reihe, es ist etwa einjährig und dürfte deutlich ergiebiger sein.
Die Kruste ist hier wesentlich dicker und dunkler und man sieht eine wulstige braune Randzone. Wäre der Pilz im Herbst geerntet worden, hätte er noch eine hellere glattere Oberflächte, ich habe ihn aber im April mitgenommen, eine an sich sehr schlechte Zeit zum Zundersammeln, weil es noch keine neuen Pilze gibt und die alten das Wachstum gerade erst wieder aufnehmen, anders als die Maden, die scheinen keine Winterpause zu machen.....
Von der Anwachsstelle her gesehen. Sie ist noch nicht begradigt.
Nach Begradigen der Anwachsstelle sieht man die Röhrenschicht, das Trama, die eingewachsenen Rindenreste und den Myzelialkern. Der Pilz sieht trotz Überwinterung gut aus, madenfrei und mit genug Trama.
Ein feines Scheibchen quer zum Röhrenverlauf. Man sieht wie durchscheinend feine Röhrenschnitte sind und wie flauschig die Trama ist.
Erste Rindenschnitte. Solche braun längs gemusterte Trama ist sehr gut. Sie ist feinfaserig aber fest und reibt sich später wenig ab.
In den Rillen der Wachstumszonen kann man nach Entfernung der Röhren die Kruste wegschneiden, indem man den Pilz rund zusammendrückt, die Vertiefung streckt sich dadurch.
Nochmal dasselbe.
Innenseite nach Entfernung der Röhren. Hier gibt es wenig dunkle Trama, kaum Querfasern. Sehr gut für mich!
Man sieht die helle Trama und die dunkle mit punktförmigen dunklen Einsprengseln. Diese sind kein Problem, sie sind zu klein, um das Dehnen zu beeinträchtigen.So sieht übrigens auch die Trama der rumänischem Zunders aus, das beinahe den ganzen Pilz ausmacht, die Welt ist ungerecht.
Allerdings muss ich hier etwas anmerken, was mir einer der rumänischen Pilzmänner, ein ganz netter, mal geschrieben hat. Und zwar, dass er bei seinen Sammeltouren in den transsilvanischen Bergwäldern schon dreimal von Bären angegriffen worden ist. Da bleibe ich gerne doch wieder bei den mikrigen oberbayrischen Leder-Schwammerln......da riskiere ich nicht mein Leben, sondern nur eine Borreliose und Mückenstiche und die eine oder andere Narbe an den Fingern.
Klar, man kann die "Amadou" genannten Zunderlappen auch online bestellen aus Korund in Rumänien, aber ehrlich gesagt finde ich persönlich es nicht gut, wenn wir im Verhältnis zum Durchschnittsrumänen gutsituierten Deutschen die letzten Bergwälder Transsilvaniens zundertechnisch leerkaufen, weil es halt bequemer und ergiebiger ist. Die dortigen Zundermänner riskieren ihr Leben beim Sammeln. Auch in Westeuropa gab es mal eine rege Zundertradition. Vielleicht kann diese Webseite ja ein bisschen dazu beitragen, das Wissen um den Wunderzunder wieder zu beleben.
Aber zurück zur Doku:
Abschneiden der wolligen dunklen Schicht mit der Schere.
Wegschnippeln letzter Krustenstückchen. Die Schnittspuren sind übrigens gar kein Problem, die verschwinden bein Dehnen komplett und hinterlassen eine schöne Maserung. Man sieht mal wieder: Der Name Wunderzunder ist kein Wunschdenken, das Material ist einfach genial, ein Wunder der Natur.
Am Rand, hier rechts am Läppchen, ist immer eine festere Schicht, da sind helle und dunkle Trama eins. Diese Stelle dehnt sich ganz schlecht. Man kann da von oben her etwas wegschneiden, damit diese Region dehnbar wird, oder den unmittelbaren Randstreifen abtrennen. Meist läuft es auch nach langem Herumgeschnippel auf Letzteres hinaus.
Man sieht, wie ähnlich das Material auf der Röhrenseite echtem Rohleder mit seinen Schlieren und Verwachsungen ist. Jeder, der mal Rohhaut bearbeitet hat, zum Beispiel bei Trommelbau, wird über diese Ähnlichkeit überrascht sein. Je mehr man von den dunkleren Faserbahnen vorsichtig wegschneidet, egal ob mit feinem Messer oder Schere, umso besser lässt sich die helle Trama dann dehnen, ohne irgendwo zu reißen.
Krustenseite des Läppchens. Man sieht die festere Faserstruktur direkt unter der Kruste, bzw an den Rändern. Man kann durch Klopfen oder auch Drüberschaben mit einer glatten Messerklinge auflockern, damit man gut dehnen kann. Auf der Krustenseite muss man beim Wegschneiden aber höllisch aufpassen. Unter der dunkleren festeren Schicht beginnt eine sehr weiche hellere, und wenn da zu tief geschnitten wird, entstehen später beim Dehnen die oben schon beschriebenen dünnen Stellen.
Wegschneiden der oberen Lage an unelastischen Rändern.
Das Messer muss bei der Tramabearbeitung immer ganz waagerecht zur Arbeitsfläche geführt werden, etwa so, wie wenn man z.B. Schinken ganz fein aufschneidet. So kann man auch ganz feine Schnitte machen, schon fast schabend. Übrigens arbeitet es sich mit einem großen Messer feinfühliger als mit einem kleinen, warum, kann ich auch nicht erklären.
Wenn man den harten Rand nicht wegschneidet, reißt er beim Dehnen ein. Überhaupt wird alles harte beim Dehnen zu einem Reißen der weichen Stellen führen, die dann an Dehnung das ausgleichen müssen, was das harte Gewebe nicht kann. Es ist also besser, vor dem Dehnen alles nötige wegzuschneiden. Andererseits kann alles, was schon abgesäbelt ist, auch nicht mehr gedehnt werden, man muss also gut hinschauen, was man wegnimmt.
Die dunkle Linie ist die Randschicht zweier sich überlappender Tramazonen. Beim Zuwachs wird auf der Oberseite der letzten Tramaschicht die neue gebildet aus festen dunklen Fasern. Bei Dehnen bremsen die. Ich schneide deshalb die Randstreifen ab.
Man kann sie auch schräg abschneiden.
Hier die bisherige Ausbeute. Es sind natürlich kleine Stücke, die Pilze waren auch sehr klein und es war kein richtiger Trama-Knubbel darunter.
Der andere Minipilz aus dem Kochtopf schaut schon äußerlich etwas mitgenommen aus, er wird vermutlich Madenbefall haben. Trotzdem zerlege ich ihn für die Doku, am lehrreichsten ist schließlich der sinnvolle Umgang mit Schwierigkeiten, die auftreten können.
Hier nach Entfernen eines Teils der Kruste. Man sieht schon, dass er Untermieter hatte. Gottseidank lag er schon ein halbes Jahr am Balkon und es ist nicht damit zu rechnen, dass mir noch eine lebende Made Hallo sagen wird.
Sei Innenleben entspricht dem ersten Eindruck. Trotzdem wird herausgeschnipplt, was irgend zu holen ist...
...nämlich immerhin das. Randstücke oder Teile, die zu dünn geraten sind, kann man immer noch in schmale Streifen schneiden und Webbänder daraus machen. Ich mache daraus Zunderkunstwerke, hat einen ganz eigenen Reiz.
Das ist die bisherige Ausbeute aus unseren drei Minipilzen. Das Ausgangsmaterial war so, wie man es nebenbei auf einem Waldspaziergang mitnehmen könnte, sogar im Frühling, wo nur die Pilze aus den Vorjahren zur Verfügung stehen. Trotzdem haben wir einige Läppchen Pilzleder daraus gewonnen, die für ein Armband reichen werden.
Und wir haben auch noch jede Menge brauchbaren Pilzmaterials für eine heilkräftige Zundertinktur! Zu den Heilwirkungen später. Ich sage hier nur soviel: Ich litt mehr als 25 Jahre lang an einer schweren chronische Urtikaria, einer Hautallergie aufgrund einer Histamin-Intoleranz. Ohne tägliche Histaminblocker und ab und zu eine Cortisonbombe ging gar nichts. Nachdem ich anfing, mir aus verschiedenen selbstgesammelten Heilpilzen, vorwiegend aber Zunder, Sirup und Tinktur zu machen, klang die Allergie innerhalb weniger Wochen ab. Ich hätte das nie geglaubt und als Esoterikschmarrn bezeichnet, wenn es mir jemand anderes erzählt hätte. Bisher hält die Wirkung an, seit 18 Monaten. Ich nehme seitdem Antihistaminika nur noch in seltenen Ausnahmefällen.
Die Pilzreste kommen in ein Glas mit Doppelkorn und werden darin mindestest 2 , besser 4 Wochen bleiben, bei gelegentlichem Schütteln. Dann werden sie abgefiltert, fertig ist der Zunderschnaps, besser gesagt die Zundertunktur, denn ich habe das Glas fast ganz mit Zunderschnipseln vollgemacht, es ist also hoch konzentriert.
Die Pilzlederstückchen sind inszwischen auf der Heizung getrocknet und ich habe sie nochmals etwas mit der Schere versäubert, erneut gewässert, gezogen und wieder getrocknet. Nach dem ersten Trocknen sieht man genau, wo noch etwas Dunkles weggeschnitten werden sollte und wo das Material noch dick genug ist, dass man es weiter dehnen kann. Wichtig ist gefühlsvolles Ziehen, immer erst diagonal, dann in direkter Richtung.
Ich bearbeite die Läppchen immer soweit, dass sie wie feines Wildleder aussehen, das gefällt mir. Man kann natürlich auch mehr an natürlicher Unregelmäßigkeit zulassen, es ist immerhin ein Pilz der Vater!
Im Bild sieht man, wie ich die nach dem Trocknen steifen Läppchen zusammenknülle. Bei dem dünnen feinfaserigen Material, das wir hier haben, reicht das, um sie ganz weich zu kriegen.
Wenn man dickere Läppchen gewonnen hat oder die ganz dunkle noch feuchte Trama der frischen Zuwachschicht eines Pilzes verarbeitet hat, die sehr hart und letztere auch brüchig werden beim Trocknen, rolle ich jedes Teil einzeln wie eine Zigarre zusammen. Dann drücke erst mal von allen Seiten fest aber vorsichtig darauf herum und rolle die Wulst zwischen den Handflächen, bis alles weich ist. Danach kann man walken und kneten nach Herzenslust, sind die Fasern erst mal locker, bricht nichts mehr und wir haben unser super weiches veganes Leder. Man kann die Läppchen auch ein bisschen anhauchen beim Walken, etwas extra Luftfeuchte hilft, sie wieder weich zu kriegen.
Da das Pilzleder hier sehr fein ist, verstärke ich es auf der Innenseite durch ein dünnes Bügelflies. Ich möchte diesmal ein weiches hautschmeichelndes Armband machen, deshalb nehme ich ein aus feinem Stoff gewobenes Flies.
Einfach mit der Oberseite nach unten und etwas Abstand zwischen den Teilen auf ein Backpapier auf dem Bügelbrett legen, darauf vorsichtig das Flies mit Klebeschicht nach unten und schließlich darüber ein weiteres Backpapier breiten und mit voller Hitze bügeln, bis der Kleber schmilzt.
Trama verträgt viel Hitze. In Rumänien bügeln die Frauen der Pilzmänner - Sammeln und Schneiden ist dort Männersache, das Nähen und Dekorieren Frauensache - einzelne Teile so heiß, dass sie dunkel werden. Dies schafft dann schöne Kontraste bei Hüten oder Taschen.
Wenn es so aussieht, ist der Kleber geschmolzen.
Die aufgebügelten Stücke müssen nur noch ausgeschnitten werden, dann sind sie verwendbar.
...die Läppchen mit dezenter Verstärkung.
Ich schneide ohne viel Planung oder Messen freihand Formen, da kein Läppchen dabei ist, das groß genug für das ganze Armband wäre, sie sind ja alle gekrümt. Also muss gestückelt werden. Da ich zweilagig arbeite, geht das ganz einfach. Von unten wird mit Latexkleber ein Tramastück angeklebt, so dass genug Überlappung da ist, um das nächste Formteil von oben anzusetzen.
Füttern von unten her. Einfach das zu fütternde Teil mit Latex dünn einstreichen und das Futterstück mit Überstand drauf kleben und leicht andrücken. Der Überstand, also das Stückchen, wo beide Teile überlappen, wird später weggeschnitten und die Naht mit Latex fixiert.
Wegschneiden des überlappenden Stückchens. Auch hier tut die Nagelschere einen guten Dienst.
Puzzlearbeit....
Das letzte Stück vom Futter wird aufgeklebt. Die genaue Kontur des Armbands schneide ich erst später.
Bei runden Formen muss man sehr genau arbeiten. Wenn mal zuviel abgeschnippelt wurde, ist das aber auch kein Problem, einfach ein passendes Stückchen einkleben und fertig. Generell kann man mit Trama unkompliziert stückeln und sogar Löcher oder sonstige Schadstellen im Leder flicken. Einfach einen Tropfen Latex auf die schlechte Stelle, ein passendes Stückchen Trama draufdrücken und die Kontur nahtlos ausschneiden, fertig. Man sieht das vielleicht farblich leicht abgesetzt, aber das stört nicht wirklich. Könnte ja auch dem natürlichen Farbenspiel des Materials entstammen.
In die passend geschnittene Naht noch etwas Kleber steichen und die beiden Seiten andrücken. Überschüssigen Kleber so mit der Messerspitze entfernen, dass er die Oberfläche des Armbands nicht erreicht. Wenn doch mal etwas Latex draufkommt, nicht wegwischen, dadurch würde man den Kleber in die Fasern reiben und es würde ein dunkler Fleck entstehen. Lieber trocknen bzw. vulkanisieren lassen, denn Latex wird fest durch Vulkanisieren, und die verklebten Oberglächenfasern einfach mit der Nagelschere herausschneiden, sieht man später kaum.
Ich verwende übrigens diesen Kleber, ich bestelle ihn online beim großen Onlinehändler mit A. Es gibt vielleicht auch billigere, aber dieser hat sich für Pilzleder bestens bewährt. Latex ist eine feine Sache, ich gebe einfach einen Tropfen direkt auf die Tischplatte und nehme mit der Messerspitze davon, was ich brauche. Er vulkanisiert nach ein paar Minuten automatisch und lässt sich dann einfach wegrubbeln. Unkomplizieter gehts nicht. Der Kleber ist hitzebeständig, waschbeständig und bleibt elastisch. Man kann die Trama damit auf Stoff aufkleben, der Kleber stabilisiert dadurch das Ganze zusätzlich, wie eine Gummierung. Verklebte Tramateile lassen sich nicht mehr trennen, nur durch Aufreißen der verklebten Fasern. Man kann dickere Stücke (ab 1 mm Dicke) sogar auf Stoß kleben und es hält. Das einzige Problem ist, dass der Latex bei dünnen Stellen durchschlagen kann. Man kann solche Stellen vor dem Verkleben von hinten entweder ganz dünn mit Latex beschichten, so dass nichts tief ins Gewebe eindringt, und hat dann gummiertes Trama, weiterer Latex kann nicht mehr durchschlagen, oder mit einem feinen Tramaflecken verstärken. Durchtränkte Stellen werden dunkel und stechen optisch heraus, leider. Notfalls klebt man von vorne einen kleinen Flecken Trama darüber und gleicht ihn mit der Schere an, wie oben schon beschrieben.
...fast fertig....das letzte Oval fehlt noch. Um es anzusetzen, muss die Futterlage zuerst geklebt werden, auf diese dann das Oval.
Ich habe noch ein kleines Extra-Oval aufgeklebt und die Klebenähte und Kanten mit Zierstichen mit Knopflochseide versehen. Muss man nicht, aber es schaut schön aus. Zum Sticken nehme ich eine kantige Ledernadel und steche die Löcher vor, ist einfacher. Durch die Bestickung wird das Armband noch ein bisschen individueller, finde ich. Im Verhältnis zum Zeitaufwand für die Pilzledergewinnung fällt das bisschen zusätzliche Handarbeit nicht ins Gewicht. Die Druckknöpfe fehlen noch. Knopflöcher sind für Pilzleder weniger geeignet, das Herumgezerre beim Auf- und Zuknöpfen ist für das sensible Gewebe gar nicht gut. Wenn Knöpfe, dann welche mit Schlaufen zum Verschließen.
Wgen der Stickerei klebe ich noch eine dritte Lage von unten auf, mich würden die Fäden und Knoten auf der Haut stören. Das Armband wird dadurch noch etwas stabilier. Ich nehme dafür ein extraweiches Läppchen, das ich schon vorrätig hatte.
Das fertige fertige Band an meinem Handgelenk. LB sind meine Initialen, und weil noch Platz daneben war, habe ich auch ein Bäumchen aufgestickt.
Für den Verschluss nehme ich immer Zierdruckknöpfe mit Zacken zum Durchdrücken, gibts im Stoffgeschäft.
Bis auf das zweite Futter besteht das Armband nur aus den Tramastücke von unseren 3 Minizunders.
Auch dieses Armband, das ich vor dem in der Doku angefertigten gemacht hatte, ist bestickt und dreilagig, und in der Länge aus einem Stück gearbeitet, denn große Lderlappen gibts natürlich auch beim heimischen Zunder. Es ist viel dicker und fester als das obige aus der Doku. Zunderarmbänder spürt man aber auf der Haut kaum, auch wenn sie anliegen. Das Material ist anders als alles, was man sonst so kennt. Es fühlt sich an wie ein Teil des eigenen Körpers. Obwohl ich an sich wenig abergläubisch oder magiegläubig bin, sind sie wie ein Talismann, etwas Schützendes. Vielleicht, weil unbewusst immer das Wissen da ist, dass sie aus einem Baumpilz gemacht sind, ein Stück ganz archaischer Natur. Für andere Leute trage ich nur etwas seltsame Lederarmbänder. Ich selber weiss aber, ich trage den Wald am Arm. Und zwar den ursprünglichen, wilden.
Wenns ein bisschen mehr sein darf, kann man natürlich auch breite wuchtige Armbänder oder Stulpen aus dem selbstgewonnenen Pilzleder machen. Man erntet durchaus mit etwas Glück auch manchmal große Tramalappen, wie diesen, den ich zu dieser Handgelenkstulpe verarbeitet habe. Ich habe sie übrigens aus Neugierde mal von Hand gewaschen, das geht durchaus, die Oberfläche ist dann halt etwas, sagen wir: lebhafter.
Die dunklen Blätter darauf sind aus von Natur aus dunklerem Buchenzunder-Trama und mit Künster-Acryllack überzogen. Wenn man Trama lackiert, wird die Oberfläche glatt, dunkler und glänzend. Hochwertiger Künstleracryllack, z.B. von Schminke, bleibt etwas elastischer als anderer und ist eher geeignet. Auch die Blätter haben das Waschen überstanden mit einigen Knicken in der Lackschicht.
Mir war für die Doku wichtig zu zeigen, dass man aus relativ schlechtem Pilzmaterial immer noch etwas ganz Einzigartiges machen kann. Wer es
hinkriegt, einem wurmstichigen Zunderzwerg noch ein brauchbares Lederläppchen abzuringen, der kann jeden Zunderschwamm verarbeiten. Nicht nur die Leber, auch der Pilzschnippler wächst nämlich mit
seinen Aufgaben.
Hier nochmal die Armstulpe, gefertigt aus nur einem Stück, aber wie bei allen meinen Armbändern mir einer Trama-Unterfütterung, am Arm. Sie ist am Rand schon etwas abgenutzt durch vieles Tragen unter der Winterjacke, beim Zunderschwammsammeln im Wald natürlich. Man könnte die abstehenden Fasern aber einfach geradeschnippeln.
Ganz selten findet man auch dies: Einen Pilz mit sehr viel Trama, meiner Meinung nach eine spezielle Unterart des Fomes Fomenrarius. Da die aber hier die große Ausnahme ist und besonders der Anfänger eher Trama-Mickerlinge finden wird, steht dieses Bild am Ende, sozusagen als Ermutigung nach dem Motto: Es kann nur besser werden...
linde_br